Tag: Pferd
Wir Hauptstädter sind ja einigen Kummer gewöhnt, wenn es um Dauerbaustellen, kratergroße Schlaglöcher und komplizierte Umleitungen geht. Der tägliche Weg zur Arbeit und wieder nach Hause wird dabei zum Abenteuerparcours, und die Verkehrsmeldungen im Radio übertreffen an Länge oft jede Haushaltsdebatte des Bundeskabinetts.
Ein Hindernis der ganz anderen Art legte am Freitagmorgen den Verkehr auf der AVUS (einem Teil der Berliner Stadtautobahn) lahm und sorgte für einen kilometerlangen Stau. Da stand nämlich ein Pferd – nein, diesmal nicht auf dem Flur, sondern mitten auf der rechten Fahrbahnseite. Der Braune war aus einem anliegenden Reitstall entwischt und wollte anscheinend nur so zum Spaß testen, wer im morgendlichen Berufsverkehr wohl schneller voran käme – er mit seiner einen Pferdestärke oder neben ihm der nachtschwarze Porsche mit mindestens 300 PS unter der Motorhaube. Wären, wie in England üblich, Wetten abgeschlossen worden, so hätten diejenigen, die auf den Gaul gesetzt hätten, sogar bei geringem Einsatz ein kleines Vermögen gewonnen.
Wie es hieß, nahmen die meisten Autofahrer es gelassen. Allerlei Rindviecher (zum Beispiel Hornochsen, dumme Kühe) gehören hier und andernorts ja schon lange zum Straßenbild, da bietet so ein Ross eine willkommene Abwechslung.
Damit nicht genug: Ausgerechnet am Siebenschläfertag
regnete es bereits seit morgens junge Katzen und Hunde, und seitdem kommen
täglich neue Würfe. Zu allem Überfluss verwandelt ein Maulwurf mit seiner
Sippschaft das, was Wendy und Barny von unserem Rasen übriggelassen haben,
endgültig in ein wüstes Minenfeld. Da bleibt einem selbst als Berliner, deren
Tierliebe bekanntermaßen sprichwörtlich ist, nur noch die Vogel-Strauß-Taktik:
den Kopf in den märkischen Sand oder am besten gleich unter die heimische
Bettdecke stecken.
BEITRAG VOM 15. JULI 2012
Lebenslichter 18.08.2020, 20.55 | (0/0) Kommentare | PL