Tag: Schutzengel
Unsere Große sitzt gemütlich im Wohnzimmer und schaut
sich im Fernsehen eine Romanverfilmung von Rosamunde Pilcher an. Sie liebt
solche Schnulzen, natürlich nur wegen der herrlichen Landschaftsaufnahmen. Das
behauptet sie wenigstens, aber mir macht sie nichts vor: Sie ist und bleibt nun
mal eine hoffnungslose Romantikerin. In der Werbepause sieht sie zufällig
durchs Fenster auf Nachbars Dach und sagt zu sich: „Ach, guck, die Ziegel
glänzen ja so, anscheinend hat´s geregnet.“ Weiter denkt sie sich nichts dabei.
Als der Film zu Ende ist, fällt ihr plötzlich siedend heiß ein, dass Bobbys
Gartendecke immer noch draußen liegt. "So ein Mist", schimpft sie vor sich hin, "die ist jetzt sicher klatschnass, und ich kann zusehen, wie ich sie wieder
trocken kriege." Chef weiß Rat, wie so oft. Erwähnte ich schon, dass wir ein
besonders kluges Herrchen haben? Er schlägt vor, die Decke in den
Heizungskeller zu bringen, wo es schön warm ist und bei Regenwetter immer die
feuchten Gassisachen aufgehängt werden.
Gesagt, getan. Er schnappt sich das quietschnasse Teil und geht fröhlich pfeifend nach unten. Kaum hat er die Tür zum Heizraum aufgemacht, da hören wir ihn auch schon fluchen: "Ach nee, sag mal, was ist das denn hier für eine Sch….?" Na ja, das ist es nicht, sondern zum Glück nur Wasser, aber davon reichlich. Es kommt aus der Wand, läuft an verschiedenen Rohren entlang und hat auf dem Fußboden schon ein paar beachtliche Pfützen gebildet. Also erst einmal her mit dem Lappen, alles aufwischen und Eimer unterstellen. Die beiden Großen sind im Keller, ihre Stimmung auch. Sie haben keine Ahnung, was die Ursache sein könnte – ein Rohrbruch, eine geplatzte Nahtstelle oder ein durchgerosteter Flansch.
Vorsichtshalber dreht Herrchen sämtliche Ventile zu,
damit kein Nachschub mehr fließen kann. Das heißt keine Toilettenbenutzung,
Duschen fällt ebenfalls flach und das Ganze natürlich wie immer zum Wochenende.
Gott sei Dank haben wir hinten noch das kleine Haus, in dem Frauchen früher mit
ihren Eltern gewohnt hat und das heute für Partys und Logierbesuch genutzt
wird. Als Großherrchen und –frauchen gestorben waren, rieten ihr alle, sie
solle das Häuschen doch abreißen und stattdessen lieber einen schönen, großen
Pool bauen lassen. Das brachte sie aber nicht übers Herz und ist jetzt nicht
zum ersten Mal froh darüber.
Nun muss also morgen der Klempner ran, und es dürfte
wohl eine Riesenschweinerei geben. Für uns Hunde bedeutet das wieder allerhand
Unruhe. Dabei haben wir eben erst den Frühjahrsputz überstanden! Das einzig
Gute an der Sache ist: Wäre Frauchen aufmerksamer gewesen und hätte sie
Böbchens Decke vor dem Regen ins Haus geholt, dann wäre Chef nicht in den
Heizkeller gegangen. So wäre die Bescherung wahrscheinlich erst ein paar Tage
später entdeckt worden, wenn schon der halbe Keller unter Wasser gestanden hätte.
Daran sieht man wieder, dass man im Leben nichts übertreiben soll – auch nicht
die Achtsamkeit.
Also dann, auf Wiederlesen.
Haben Sie es fein!
Ihre Nelly
Bloß nicht aufregen -
kommt lieber spielen!
Lebenslichter 05.03.2024, 18.38 | (0/0) Kommentare | PL
Die Zeit verging, ich hing unverändert fest und begann, mich ein bisschen zu fürchten. Frauchen hatte inzwischen Chef zu Hilfe gerufen, gemeinsam suchten sie nach mir. In der Ferne hörte ich sie pfeifen und immer wieder meinen Namen rufen. Hier stecke ich, dachte ich verzweifelt, bitte kommt und macht mich los! Auf die Idee, einfach laut zu bellen, damit sie mich orten konnten, kam ich in meiner Panik nicht. Mir blieb kein anderer Ausweg, als mich selbst befreien. So begann ich, vorsichtig an der Leine zu knabbern. Sie schmeckte scheußlich und erwies sich obendrein als sehr robust. Zum Glück habe ich gute Zähne, die aus Rumänien allerhand gewöhnt sind. Nach einer halben Stunde hatte ich es endlich geschafft. Die Leine war durch, der Gurt vom Ranzen auch. Ich war frei. FREI!!!
Völlig fertig machte ich mich auf den Weg zu meinen Menschen. Ein Stück vom Ranzen hing noch lose über meinem Rücken, so dass wenigstens Steuermarke und Adressanhänger gerettet waren. Mit hängenden Ohren trottete ich auf Herrchen und Frauchen zu und erwartete mein wohlverdientes Donnerwetter. Aber nichts dergleichen geschah. Frauchen nahm mich nur in die Arme und ich sah, dass sie weinte. Sie hatte wohl große Angst um mich ausgestanden. Ganz fest drückte sie mich an sich, während Herrchen mir den Rücken kraulte. Dann gingen wir nach Hause, wo Barny uns schon sehnsüchtig erwartete und vor lauter Wiedersehensfreude einen Indianertanz aufführte.
Noch am selben Abend kauften Herrchen und Frauchen mir einen neuen Ranzen: schön stylisch in Violett mit meinen Klettstickern "Im Dienst" und "Schutzengel" dran. Eine neue Schleppleine wurde allerdings nicht angeschafft...
Weder Leine noch Ranzen stammten übrigens aus ostasiatischer Massenproduktion.
Beide waren 'made in Germany', aber meinem durchtrainierten rumänischen Gebiss
hält eben nicht mal die deutsche Wertarbeit stand!
**ENDE**
Gute Nacht und auf Wiederlesen.
Haben Sie es fein!
Ihre Nelly
Lebenslichter 04.03.2024, 18.07 | (0/0) Kommentare | PL