Ausgewählter Beitrag
Egal, wie das Wetter wird – Sommerzeit i s t und bleibt Reisezeit. Wir merken es deutlich, wenn wir mit unseren Fellis im Auslaufgebiet spazieren gehen. Fast alle Gassibekannten sind ausgeflogen und an manchen Tagen haben wir den Wald praktisch für uns allein. Nelly findet das gut, sie legt kaum Wert auf zwischenhundliche Kontakte. Seitdem sie nur ein Auge hat, ist sie noch schreckhafter geworden; und wenn so ein wuseliger, kläffender Hundezwerg von der verkehrten – also der blinden – Seite auf sie zugefegt kommt und wie ein aufgeregter Gummiball um sie herumhüpft, kann es passieren, dass sie zuschnappt und ein bisschen zwickt. Da müssen wir immer besonders achtsam sein, aber zurzeit ist alles ganz entspannt.
Gestern hat nun auch unsere Tierärztin ihre Praxis für zwei Wochen geschlossen. Wir gönnen ihr natürlich die Erholung; trotzdem habe ich immer ein leicht mulmiges Gefühl, wenn sie nicht da ist, vor allem Barnys wegen. Zwar ist die Hausapotheke unserer Süßen besser bestückt als unsere eigene und Frau Doktor hat mir vor ihrer Abreise sogar noch gezeigt, wie ich unserem Bärchen notfalls selbst eine Spritze geben kann. Ich hoffe allerdings inständig, dass dies nicht nötig sein wird. An einem Stofftier zu üben ist nämlich eine Sache, es am lebendigen Objekt zu praktizieren eine ganz andere. Obendrein habe ich vor Nadeln zeitlebens einen Heidenrespekt – genauer gesagt, panische Angst.
Und was tun wir, während die anderen durch die Weltgeschichte gondeln? Wir bleiben im Lande und nähren uns redlich. Manchmal werden wir gefragt, findet ihr nicht, dass ihr was verpasst, wenn ihr immer nur zuhause hockt? Nö, finden wir nicht. Es gibt hier alles, was wir uns wünschen (vom Meer vielleicht einmal abgesehen), außerdem hätte ich keine Ruhe, wenn ich Haus und Hof für längere Zeit allein lassen sollte. Auch meine Senioren würden mich schmerzlich vermissen, gerade jetzt, wo in den Heimen ebenfalls Urlaubszeit und damit Personalmangel herrscht.
Mit unseren Hunden wegfahren zu wollen,
wäre im Übrigen keine gute Idee. Nelly fühlt sich unwohl in fremder Umgebung,
Barny braucht – wenn schon nicht seine Leibärztin – wenigstens die Tierklinik
in erreichbarer Nähe. Und Woody? Der setzt nach wie vor freiwillig keine Pfote
in ein Auto. Alle unsere Bemühungen – ob mit bergeweise Leckerlis, gutem
Zureden oder sanfter Gewalt – scheitern bislang kläglich. Wenn wir es trotzdem
versuchen, wehrt sich der Dicke mit Zähnen und Krallen. Dabei schreit er, als
stünde er kurz vor der Notschlachtung. Warum sollten wir dem armen Tier das
zumuten? Und mal ehrlich: Schlechtes Wetter können wir daheim doch auch
billiger haben, oder?
Lebenslichter 12.10.2020, 19.33
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