Unsere Hunde - nicht nur sie, sondern Tiere allgemein - besitzen ein Talent, um das ich sie glühend
beneide: Es ist ihre Fähigkeit, ganz im Augenblick, im Hier und im Jetzt, zu
leben. Und das, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, was morgen sein wird
(oder auch nicht). Ich wünschte, ich könnte das auch. "…die Hälfte seines
Lebens lebt der Mensch total vergebens, weil er sich sein Glück vermiest, statt
es genießt", sang einst Katja Ebstein. Wie recht sie hatte!
Ein Beispiel: Ich laufe durch den Wald, sehe die Bäume im schönsten, satten Grün stehen
und denke, wie schade, nur noch ein paar Wochen, dann ist hier alles kahl und
grau. Oder: Wendy und Barny liegen einträchtig nebeneinander in
der Sonne und dösen vor sich hin. Anstatt mich über das friedliche Bild zu
freuen, stelle ich mir vor, wie es sein wird, wenn sie irgendwann nicht mehr da
sind und ihr Lieblingsplatz im Garten leer bleibt. Geht´s vielleicht noch
dümmer? Die Amsel, die gerade putzmunter und vergnügt in der Vogeltränke ein
ausgiebiges Bad nimmt, während ich hier sitze und schreibe, denkt sicher kaum
an den bevorstehenden, möglicherweise harten und eisigen Winter. Hunde und Katzen
fressen dankbar ihre Näpfe leer; anschließend machen sie zur Verdauung ein
Nickerchen auf dem Sofa oder in ihrem Körbchen an der behaglich warmen Heizung.
Ob es morgen wieder was zu futtern gibt? Egal, jetzt ist man satt und
zufrieden, das genügt für den Augenblick.
Beneidenswert, finde ich. Alles schön und gut, werden einige sagen; aber irgendwer muss schließlich
dafür sorgen, dass der Napf auch wirklich immer gefüllt und die Heizung im
Winter schön warm ist. Das kommt nicht von allein, da ist schon eine gewisse
Vorsorge und Weitsicht angebracht. Natürlich haben sie recht. Ich meine auch
nicht ewiges 'Laissez-faire' oder gedankenloses In-den-Tag-hinein-leben. Aber
ein bisschen öfter den Moment pflücken und ihn ganz bewusst auskosten, das wäre
sicher Balsam für Körper, Geist und Seele. Das haben uns die Tiere voraus,
daran könnte man sich schon ein Beispiel nehmen.
Am besten probiere ich es gleich aus, indem ich mich auf der Terrasse in die Hollywoodschaukel setze und diesen
herrlichen, still verträumten Septembernachmittag genieße. Vielleicht ist es
der letzte in diesem Jahr. Nächste Woche soll das Wetter umschlagen, dann wird
es trübe, regnerisch und - halt, stopp mal! Ich tue es ja schon wieder...
Lebenslichter 15.03.2024, 19.46| (0/0) Kommentare | PL | einsortiert in: LICHTBLICKE